Im Rausch der Geschwindigkeit. Über 130km/h erreichen Hochleistungsstrandsegler mit ihren Fahrzeugen. Formel-1 Feeling am Strand. Eine der Hochburgen des faszinierenden Strandsegelsports, der schon vor 400 Jahren in Belgien und den Niederlanden erfunden wurde, ist Sankt Peter-Ording. Dort kann man die dreirädrigen Fahrzeuge, die sich mittlerweile zu wahren High-Tech Geräten entwickelt haben, bereits seit den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts am Strand beobachten. Wir haben mit Roland Gäbler, einem der besten des Fachs, über seine Liebe zum Strandsegeln und das Revier in Sankt Peter-Ording gesprochen.
Engel & Völkers Schleswig-Holstein:
Roland, Du bist Segler durch und durch, hast über 80 Wettbewerbe in 30 Jahren gewonnen, bist Olympiamedaillengewinner, Welt- und Europameister, hast einen Weltrekord im Hochseesegeln aufgestellt – um nur einige Deiner zahlreichen Erfolge auf dem Wasser zu nennen. Wann bist Du zum Segeln an Land, zum Strandsegeln, gekommen und was macht für Dich die besondere Faszination aus?
Roland Gäbler:
Das Strandsegeln hat mich schon immer interessiert. Durch meine fünf Olympia Teilnahmen und weitere Yachting Projekte fehlte mir die Zeit. Doch Ende der 90er war es dann so weit. Ich habe den Pilotenschein gemacht und bin dann in den Yachtclub St. Peter-Ording eingetreten. Nach viel Training kamen dann auch die ersten Rennen. Bei meiner ersten WM in Frankreich konnte ich auch schon ein paar gute Plätze einfahren.
Die Faszination des Strandsegelns ist die enorme Geschwindigkeit, die man mit der Kraft des Windes fahren kann. Dadurch dass man so tief im Segelwagen liegt und so dicht am Strand ist, fühlt es sich extrem schnell an. Es ist auch die Technik im Detail, die begeistert. Irgendwie ist es Segeln und Fliegen in einem Sport. Es macht richtig viel Spaß!
Engel & Völkers Schleswig-Holstein:
Viele auch internationale Wettbewerbe im Strandsegeln finden am Strand von Sankt Peter-Ording statt, im Jahr 2018 war der Ort Gastgeber der Weltmeisterschaft. Du kennst das Revier sehr gut, warst in diesem Jahr unter anderem bei den German Open aktiv dabei. Der Strand von Sankt Peter-Ording ist fraglos weltweit eines der schönsten Reviere für Strandsegler, gilt aber auch als besonders anspruchsvoll – was macht das Mekka der Strandsegler-Szene für Dich so besonders?
Roland Gäbler:
Es ist die Weite und Schönheit des Strandes in Sankt Peter-Ording. Der weiße Sand. Das tolle Licht. Der schöne Himmel. Der große Horizont. Der frische Wind. Die Wellen des Meeres. Das Gefühl der großen Freiheit. Da kommen enorme Glücksgefühle auf, wenn man da weit draußen ist. Es ist wirklich ein ganz besonderer Ort. Dort kann man den ganzen Tag verbringen. Als Segler und Wanderer.
Zum Segeln ist der Strand in St. Peter-Ording sehr anspruchsvoll. Diverse kleine und große Priele (Wasserabläufe) laufen durch den Strand. Um die muss man rum- oder durchsegeln. Das hat etwas von einer wilden Rallye. Manchmal bleibt man auch stecken oder hebt komplett ab. Wenn man da mit 100 Sachen lang fährt, ist es nicht immer einfach, den optimalen Weg zu finden. Wir legen da so einige Stunts hin.
Schnell kann man auch mal abdriften und die Konkurrenz ist ruckzuck vorbei. Das macht die Rennen sehr spannend. Spektakulär und sehr emotional. Oft kommen TV-Teams vorbei und filmen unsere wilden Fahrten. Die Bilderwelten unseres Sports speziell am Strand von Sankt Peter-Ording sind faszinierend.
Engel & Völkers Schleswig-Holstein:
Anders als auf dem Wasser werden Strandsegler ja „Piloten“ genannt. Mal angenommen, mich fasziniert das Strandsegeln nicht nur als Zuschauer, sondern ich möchte diesen action- und emotionsgeladenen Sport erlernen und den Adrenalinkick als Pilot selbst erleben – wie gehe ich das an, wo lerne ich Strandsegeln und wie lange dauert es, bis ich einigermaßen passabel strandsurfen kann?
Roland Gäbler:
Strandsegeln an sich kann man schnell lernen. Nach einer Stunde Einweisung kann man schon über den Strand rasen. Die Strandsegelschule von Nordsport ist in unserem Yachtclub St. Peter-Ording beheimatet. Da kann man einfach einen Kurs buchen und schon geht es los auf speziellen Schulungswagen.
Strandsegeln findet das ganze Jahr statt. Auch im Winter ist es wunderbar. Und St. Peter-Ording ist der perfekte Ort, um es mal auszuprobieren. Einige wollen nach den Kursen auch ins Regattasegeln einsteigen. Die ganze Strandsegelszene ist sehr entspannt. Man begegnet dort sehr netten Menschen. Diese heißen jeden Segler herzlich willkommen. Ob 8 oder 80 - in jedem Alter kann man diesen rasanten Sport ausüben und auch Rennen fahren.
Engel & Völkers Schleswig-Holstein:
Mit dem Strandsegel-Weltverband FISLY und den sechs lizensierten Klassen ist der Sport ja schon sehr professionell aufgestellt, aber Strandsegeln ist sicherlich noch kein Breiten- oder gar Massensport – auch in Ermangelung geeigneter Reviere. Wie siehst Du die Entwicklung, wird Strandsegeln dennoch irgendwann ein Sport für „jedermann“?
Roland Gäbler:
Wir haben diverse Segelklassen. Die Klasse 2 und 3 sind die schnellsten. Da bin ich am Start. Im Grunde die Formel-1 des Strandsegelns. Aerodynamisch angepasster Rumpf aus Karbon-Kevlar. Da liegt man flach drin. Steuert mit den Füßen und bedient die Schoten zum Trimmen der Segel mit einer Winsch. Also HiTec vom feinsten. Da erreichen wir bis 130km/h.
Aber in den letzten Jahren ist die Klasse „Mini“ enorm gewachsen. Viele kommen von der Segelschule direkt in diese kleinen Flitzer. Die lassen sich auch einfach transportieren und sind schnell aufgebaut. Da entwickelt sich eine große Segelszene, aus der auch einige zu den Regatten kommen.
Strandsegelreviere gibt es viele in Europa und weltweit. Vom weiten Strand am Meer bis zu diversen Salzseen in Amerika. Ja, sogar in der Wüste oder auf Flughäfen können wir segeln. Am Meer müssen wir mit den Gezeiten leben und haben oft große Flächen, wenn Niedrigwasser ist. Dann kann man endlos weit fahren. Einfach fantastisch.
Lieber Roland, vielen Dank für das Gespräch!