- 3 min. Lesezeit
- 01.03.24
Der Maximalist
Zuhause bei John Demsey
Ausgabe
02/24
Ort
New York City / USA
Fotografie
Douglas Friedman
Gecancelt wegen eines Memes auf Instagram geriet die Karriere von John Demsey ins Wanken. Nach 30 Jahren bei Estée Lauder musste der ehemalige Group President gehen. Jetzt ist er zurück – mit einem neuen Job, dem Support seiner Freunde und einem Buch.
Es ist ein klarer Morgen, und der Himmel über Manhattan trägt dasselbe Blau wie die Haustür des Mannes, der in den vergangenen zwei Jahren mit Mitte 60 einen Neustart wagen musste. „Ich wurde gecancelt!“, sagt John Demsey ein paar Minuten später, als wir beim Kaffee in seinem bunten Wohnzimmer sitzen. „Es war eine furchtbare Erfahrung. Aber jetzt bin ich wieder da!“
Über 30 Jahre war John Demsey ein hoch an- gesehener Geschäftsmann, weit über die USA hinaus. In dieser Zeit poliert der Sohn einer Malerin und eines Industriellen aus Ohio das ursprünglich sehr klassisch-konservative Image des Unternehmens Estée Lauder mit provokanten Beauty-Projekten auf. Dies gelingt ihm vor allem mit der Marke MAC und später auch Tom Ford, indem er für Diversität stehende Popstars und Rapper wie Lil’ Kim, Missy Elliott und die US-amerikanische Dragqueen RuPaul zu neuen Markenbotschaftern macht. Als Gruppenpräsident von Estée Lauder schafft er mit schwindelerregend hohen Umsätzen den Sprung vom mittelständischen Familienunternehmen zum börsennotierten Weltkonzern, der zeitweilig mit über 100 Milliarden Dollar bewertet wird. John Demsey gilt fortan als Star in der Beautybranche und ist auch privat ein gern und häufig gesehener Gast. Als Chairman des MAC Aids Fund sammelt er ausserdem mehr als 500 Millionen Dollar für die Aids-Hilfe ein.
Als die Covid-Lockdowns starten, beginnt der geschiedene Vater einer 15-jährigen Tochter, amüsante Memes auf seinem privaten Instagram-Account zu reposten, und generiert in kurzer Zeit 73.000 Follower. „Es wurde schnell eine grosse Community. Menschen auf der ganzen Welt kamen auf mich zu und sagten: ,Danke! Du hast mich zum Weinen, zum Lachen, zum Fühlen gebracht.‘“ Bis zu dem Tag im Februar 2022, an dem er unbedacht ein Comic-Bild repostet. „Ein Meme, das ich nicht vollständig verstanden hatte, war für einige Stunden online.“
Der Estée-Lauder-Top-Executive, der u. a. auch an der Stanford University studiert hat, wird zunächst beurlaubt und gibt kurz darauf bekannt, dass er das Unternehmen verlassen wird. „Die Ironie daran ist, dass meine Karriere auf Inklusion und Vielfalt aufgebaut war“, sagt Demsey, „Ich habe mehr für Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben und Geschlecht getan als jeder Mensch zuvor in der Beautybranche.“
„Das Blau als Grundton stammt ursprünglich von den Jimmy-Choo-Stiefeln einer guten Freundin.“ – John Demsey
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In den folgenden 18 Monaten wird sein sechsstöckiges Townhouse zum rettenden Refugium. Der Manager gilt plötzlich als Persona non grata, nimmt 15 Kilo ab und erlebt auch in seinem Privatleben einige Dramen. „Meine Eltern wurden beide sehr krank. Mein Vater ver- starb in dieser Zeit. Meine Mutter durchlebte eine sehr schwierige Phase, aber ich konnte sie zu mir nach New York holen, wo sie heute mit 91 Jahren aufblüht. Und auch meine Tochter war in sehr negativer Weise betroffen, mit Cybermobbing und Online-Problemen.“
Aber John Demsey gibt nicht auf, nimmt einen neuen Job als Senior Advisor bei L Catterton an, einer Private-Equity-Firma, die mit LVMH verbunden ist, und startet zusammen mit Vendome Press ein ungewöhnliches Buchprojekt. Dazu hatten ihn seine Freunde überredet, der Interior-Fotograf Douglas Friedman und die Modejournalistin Alina Cho. Der Plan: ein Coffee-Table-Buch über sein einzigartiges Leben, seine Ästhetik und Philosophie. „Mein Freund Douglas sagte: ,Dein Haus ist in all den Architectural Digests der Welt zu sehen gewesen, aber niemand hat wirklich eingefangen, welche Persönlichkeit sich dahinter verbirgt. Du, der die Kunst des Sammelns versteht wie kein anderer und Kreativität ohne Grenzen leben möchte.‘“
„Als ich noch keinen Dollar hatte, habe ich angefangen, Filmplakate zu kaufen und auf Flohmärkte zu gehen.“ – John Demsey
17 Tage lang dauert die Fotoproduktion. Zusammen mit der holländischen Stylistin Mieke ten Have setzt Demsey sein virtuos eingerichtetes Haus in Szene. „Das Buch wurde fast zu einer physischen Manifestation dessen, wer ich bin, ein kreatives Leidenschaftsprojekt.“ Vor einem guten halben Jahr ist das Werk „Behind the Blue Door – A Maximalist Mantra“ bei Vendome Press erschienen. Die glamouröse Buch-Party in seinem Haus letzten September wird gleichzeitig Demseys Wiedereintritt in die New Yorker Gesellschaft. „Ich bekam von Anfang an viel Unterstützung aus der Modewelt. Auch die aussergewöhnliche Freundschaft mit seinem Mentor Leonard Lauder hebt der Beautyexperte im Gespräch hervor: „Er bleibt eine positive Kraft in meinem Leben.“ Seinen Instagram-Account betreibt John Demsey weiter. Heute folgen ihm unter @jdemsey 2,1 Millionen Menschen. Die Ratschläge seines Krisenmanagers, den er damals engagierte, haben geholfen. Demsey: „Als ich ihn fragte, ob ich meinen Account löschen sollte, lautete seine Antwort: ,Auf gar keinen Fall! Die 0,01 Prozent, die dich hassen, werden das für immer tun. Aber du musst optimistisch bleiben. Schau nicht zurück, nur nach vorne.‘“
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