Engel & Völkers
  • 3 min. Lesezeit
  • von Michaela Cordes

Patagonia – Am Ende der Welt

Foto von: Australis

Gewaltige Gletscherlandschaften in unberührter Natur. Patagonien ist das Traumziel eines jeden Abenteurers. GG Magazine hat sich auf eine besondere Kreuzfahrt gemacht. Von Ushuaia in Argentinien über Kap Hoorn bis nach Punta Arenas in Chile.

Es ist kurz nach 4 Uhr morgens, als ich mit Herzklopfen aufwache. Die Ventus Australis hat am Abend zuvor in Ushuaia – der südlichsten Stadt Argentiniens – abgelegt. In wenigen Stunden sollen wir Kap Hoorn erreichen. Bis zur Eröffnung des Panamakanals 1914 galt die Route um die berüchtigte Landspitze auf der chilenischen Felseninsel Hornos als wichtigste Handelsstraße und wurde über 10.000 Seeleuten zum tödlichen Verhängnis.

Ich schaue aus dem überdimensional großen Panoramafenster unserer Zweierkabine aufs bewegte Meer, das sich immer mehr zu kräuseln beginnt. Schnell ziehe ich mir drei Lagen Klamotten an, darüber mein mit- gebrachtes Ölzeug und mache mich auf in die Lounge unseres Explorer-Schiffs, das mit seinen 100 Kabinen fast ausgebucht ist. Gespannt beobachte ich mit den anderen frühen Gästen beim Kaffee, wie sich das Wetter entwickelt, je näher wir Kap Hoorn kommen. Bleibt es ruhig, würden wir an Land gehen und die Familie besuchen, die hier ganz allein im Leuchtturm wohnt. Aber mit jeder Seemeile pfeift der Wind schneller, und die Schaumkrönchen auf dem Wasser entwickeln sich plötzlich zu peitschenden Wirbelstürmen. Die Gischt zieht dabei wie ein grauer Nebelschleier übers Meer.

Per Zodiac-Schlauchboot geht es in dicken Schwimmwesten für die Gäste der Ventus Australis auf Gletschertour.

Schließlich erklingt nach langem Hoffen um 7 Uhr morgens die Ansage durch die Lautsprecher: „Leider können wir aufgrund von Windstärke 14 (Anm. d. Red.: Das bedeutet etwa 150 km/h Windgeschwindigkeit. 185 km/h ist die höchste hier gemessene) nicht an Land gehen!“ Der Wellengang ist zu gewaltig, um die Zodiac-Boote ins Wasser zu lassen. Stattdessen versammeln wir uns an Deck, um die einzigartige Szenerie zu fotografieren. Nur mit Mühe kann ich mich dabei an der Reling festhalten. Um mich herum pustet der Wind anderen Gästen die Mützen vom Kopf.

Von der Ferne erspähen wir an Land das moderne Denkmal, das den Seeleuten gewidmet ist, die in den tosenden Wellen um Kap Hoorn gestorben sind: ein Albatros, denn die Legende sagt, dass sich die Männer nach ihrem Tod in Vögel verwandelt haben. Schließlich drehen wir um und nehmen Kurs auf den Beagle-Kanal. Erschöpft und hungrig vom starken Wind geht es um 8 Uhr erst mal zum Frühstück in die Patagonia Dining Hall. Wenige Stunden später erreichen wir die ruhige Wulaia-Bucht etwas nördlich. Einst siedelte hier die größte Population der Yamana-Ureinwohner: Seenomaden, die vor allem wegen ihrer Kanus aus Birkenstämmen bekannt wurden und damit Jagd machten auf Robben und Fische. Da sie dabei stets Feuer transportierten, erhielt die Inselgruppe den Namen „Tierra del Fuego“, zu Deutsch Feuerland. Im späten 19. Jahrhundert starben die Yamana aufgrund von Verfolgung durch die westlichen Eroberer und ihrer eingeschleppten Krankheiten aus.

In der Wulaia-Bucht siedelte einst die größte Population der Yamana-Seenomaden. Da sie auf ihren Kanus Feuer transportierten, nennt man das Land auch „Tierra del Fuego“.

Am Nachmittag gehen wir erstmals von Bord und wandern über 10.000 Schritte und 17 Stockwerke (per iPhone ermittelt) hoch in die gewaltige Natur durch den Magellanischen Wald, in dem seltene Pflanzen wie Lengas, Coigües, Canelos und Farne vorkommen. Auf dem Aussichtspunkt angekommen, überblicken wir die gesamte Bucht und können in der Ferne Wale beobachten, die ihre Fontänen in die Luft blasen. Zurück an Bord, setzen wir uns an Deck und sehen dem außergewöhnlichen Schauspiel bis zum Sonnenuntergang zu.

Nach einem sehr guten Abendessen (besonders für Fischliebhaber) gehen wir früh zu Bett. Da wir vor Anker liegen, wird es eine ruhige, aber kurze Nacht. Morgens um 6 Uhr legt die Ventus Australis in Richtung des nordwestlichen Arms des Beagle-Kanals ab, in dem der Pia-Gletscher in das Darwin-Gebirge eingebettet ist. Beim Aufwachen liegt das Schiff so ausgerichtet, dass wir einen der gewaltigsten Gletscher Südamerikas aus unserem Fenster sehen können, unglaubliche 100 Meter ist er hoch.

„Die See ist gefährlich und die Stürme furchteinflößend. Aber diese Hindernisse waren nie groß genug, als dass ich an Land geblieben wäre.“ – Ferdinand Magellan

Wir ziehen unsere wasserfeste Montur wieder an, darüber eine Schwimmweste, und versammeln uns am Heck des Schiffes, wo wir abermals in die Zodiacs steigen, um zum Gletscher zu fahren und ihn vom Ufer aus zu besteigen. Je näher wir kommen, um so spürbarer wird die Kälte des massiven Eises. Ab und zu hört man das laute Knacken und Stöhnen, das entsteht, wenn auch nur kleinste Eisstückchen abbrechen. Wir erfahren, dass sich die Gletscher ca. 40 – 50 Meter pro Monat bewegen und dass das Eis in unterschiedlichsten Farben leuchtet – je nach Lichteinfall und Zusammensetzung. Nachdem wir auch den Marinelli- und Aguila-Gletscher besucht haben, geht es kurz vor unserer Ankunft im Hafen von Punta Arenas in Chile noch auf die unbewohnte Insel Magdalena in der Magellanstraße. Die wurde um 1519 von Ferdinand Magellan auf seiner Entdeckungsfahrt erstmals gesichtet. Berühmt für die größte Population von Magellan-Pinguinen, dürfen wir bei einem Spaziergang um die Insel die drolligen Bewohner aus der Nähe beobachten. Sie teilen die Insel mit ihrem größten Feind, dem Skua-Vogel.

Auf der kleinen und unbewohnten Insel Magdalena leben Magellan-Pinguine.

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