Engel & Völkers
  • 3 min. Lesezeit
  • 28.10.2024
  • von Steffi Kammerer

Good Man Maybach

Interview mit Ulrich Schmid-Maybach

Foto von: ROBIN TRAJANO / MBUSA

Sein Urgroßvater Wilhelm erfand das erste moderne Automobil. Drei Generationen später fördert Ulrich Schmid-Maybach junge Talente im Namen seiner Vorfahren. Ein Gespräch über Philanthropie und den Mut zur Innovation.

Ulrich Schmid-Maybach, the heir to the automobile dynasty. Photo: ROBIN TRAJANO / MBUSA

Sie werden in Museen und wohltemperierten Sammlergaragen gehütet: echte Maybachs. Wagen mit einem Namen, der an weichste Ledersitze denken lässt, der für Eleganz und Komfort steht wie wohl keine Automarke. Das ultimative Statussymbol. Über hundert Jahre sind vergangen, seit die Erfolgsgeschichte mit dem legendären Automobil Typ W3 begründet wurde. Im Jahr 2002 wurde die Marke Maybach relauncht, 2014 wurde Maybach eine Marke von Mercedes.

Ulrich Schmid-Maybach: Automobil-Erbe in dritter Generation

Fahren Sie eigentlich selbst einen Maybach?

Ich bin am liebsten mit dem Fahrrad unterwegs, ins Büro komme ich in meinem 25 Jahre alten Mercedes. Aber unserer Familie gehört ein Maybach, der steht in Deutschland. Und ich habe in Kalifornien einen Mercedes-Maybach S 680 aus der Sonderedition von Virgil Abloh.

Sie sind in San Francisco aufgewachsen, Ihr Vater arbeitete dort als Arzt. Welche Rolle spielten da Heilbronn und Friedrichshafen, die Orte, die für das Unternehmen Ihrer Familie so wichtig waren? 

Für uns war Deutschland immer sehr präsent, meine Eltern haben mit mir und meinen drei Geschwistern nur Deutsch gesprochen, Samstags gingen wir zum Deutschunterricht. Und ich habe auch Lederhosen getragen; das kam in der siebten Klasse natürlich nicht so gut an. Meine Mutter war im Vorstand der damaligen Maybach-Motorenbau GmbH und flog regelmäßig an den Bodensee. Eine meiner frühesten Erinnerungen ist, dass ich als kleines Kind bei diesen Treffen dabei war und zugehört habe. Es gab auch Oldtimer-Rallyes, an denen wir jedes Jahr teilnahmen. Das alles geschah in Friedrichshafen, dem Ort, an dem mein Großvater seine Firma aufgebaut hatte und wo meine Mutter aufgewachsen ist. Die Stadt war ja der Geburtsort für bestimmte deutsche Industrien. Da ist die ZF Friedrichshafen AG, da sind Dornier und Maybach. Das entstand dort, weil Graf Zeppelin sich um die Jahrhundertwende für diesen Standort entschieden hatte, um seinen Zeppelin zu bauen. Später war er Co-Gründer der Maybach Motorenwerke – mit meinem Urgroßvater Wilhelm Maybach. Der den ersten schnell laufenden Verbrennungsmotor konstruierte, das erste Boot und das erste Fahrrad motorisierte und mit dem ersten Mercedes das erste moderne Auto konstruierte, zusammen mit Gottlieb Daimler.

„Wilhelm Maybach konstruierte mit Gottlieb Daimler das erste moderne Auto.”

Ulrich Schmid-Maybach

1921 präsentiert die Maybach-Motorenbau GmbH mit dem Wagen Typ W3 ihr erstes Automobil. Foto: MERCEDES-BENZ GROUP AG

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Motoren und revolutionäre Innovationen: Die Geschichte von Maybach

Wie haben sich Gottfried Daimler und Wilhelm Maybach kennengelernt?

Über das Reutlinger Bruderhaus. Ein quasireligiöses Waisenhaus, in dem Wilhelm Maybach lebte, seit er zehn Jahre alt war, nachdem seine Eltern beide früh gestorben waren. Daran angeschlossen war eine Maschinenfabrik, die von einem jungen Ingenieur geleitet wurde: Gottlieb Daimler. Mein Urgroßvater sollte eigentlich zum Bäcker ausgebildet werden, aber irgendwann sah Daimler detaillierte Skizzen, die er angefertigt hatte. Daimler sagte: „Wow, der Junge hat wirklich Talent. Den nehm ich mit.“ Und die beiden gingen dann zu anderen Motorenwerken, Maybach durfte aber aus vertragsrechtlichen Gründen nicht an solchen Projekten arbeiten, die aus einem der früheren Unternehmen stammten. Deshalb setzte Daimler zu dieser Zeit seinen Namen unter die Arbeit und die Entwürfe von Wilhelm Maybach, für einige wichtige Patente galt das Gleiche. Es ist erst viele Jahre später ans Licht gekommen. Das ist auch der Grund, weshalb Mercedes den Maybach-Teil seiner Unternehmensgeschichte ehrt, weil die eigentliche technische Arbeit von Wilhelm Maybach geleistet worden war.

Und sein Sohn Karl, Ihr Großvater, trat in ­seine Fußstapfen?

Mein Großvater baute die Motoren für die Zeppeline. Auch das fand in Friedrichshafen statt. Zeppelin war eine Ikone der Industrie, wenn man so will, die eine Reihe anderer Unternehmen hervorbrachte, von Gaswerken über Getriebewerke und Flugzeuge bis hin zu – im Fall von Maybach – Motoren und Antrieben. Eines der Missverständnisse über Maybach ist, dass  Leute denken, es ginge nur um Luxusautos. Es geht aber um hochpräzise Motoren und um Erfindungen. Mit der Entwicklung dieser Verbrennungsmotoren hat Wilhelm Maybach das Ende der Dampfmaschine mit eingeläutet. Und dann übernahm sein Sohn Karl dieses inge­nieurmäßige Denken und wandte es auf Schiffe und Züge und fast zufällig auch auf Autos an. Karl Maybachs großes Verdienst bei der Revolutionierung der Eisenbahn in Deutschland war es, schnell laufende Dieselmotoren zu entwickeln, die das Zeitalter der Dampflokomotive beendeten. Lokomotiven mit seinem Verbrennungsmotor schafften bis zu 200 Kilometer pro Stunde, das verkürzte die Fahrzeit zwischen Hamburg und Berlin um die Hälfte.

Grafikdesigner Michael Schwab hat die Poster-Serie für die Maybach Foundation entworfen. Foto: ROBIN TRAJANO / MBUSA

Mentoren Programm der Wilhelm & Karl Maybach Foundation

Ihr Großvater hätte sein Talent ohne Gottlieb Daimler vielleicht nie entwickeln können. Sie haben diese Idee mit Ihrer Wilhelm & Karl Maybach Foundation aufgegriffen, die ein sehr passgenaues Mentorenprogramm anbietet. Was war der Impuls?

Ich war Anfang der Nullerjahre bei den Filmfestspielen von Cannes für einer Reihe von Veranstaltungen. Es war eine großartige und intensive Zeit, aber am Ende von so etwas ist man ziemlich erschöpft; ich wollte etwas bewegen. Auf dem Rückflug in die USA sitze ich neben einem Mann, wir fangen an zu reden, er ist Arzt. Fast die gesamte Flugdauer über sprachen wir über seine Arbeit, er beschäftigte sich mit Infektionskrankheiten und der Ausbildung von Ärzten in Ostafrika. Sein Name ist David Bangsberg, ich fragte, ob es möglich wäre, ihn zu unterstützen. Daraus entstand unser erstes Projekt. Conrad Muzoora, den wir schließlich fünf Jahre lang unterstützten, wurde Chefarzt seines Krankenhauses und einer der meistveröffentlichten ost-afrikanischen Forscher.

Wie wählen Sie Mentoren und Mentees aus?

Das ist von Projekt zu Projekt verschieden, je nachdem wer auf uns zukommt. So haben wir zum Beispiel ein Sportprojekt in Südafrika abgeschlossen, bei dem ein junger Mann aus einer sehr armen Zulu-Familie zu einem außergewöhnlichen Reiter he­ranwuchs. Die British Polo Association sprach uns an und stellte uns dieses Projekt vor. Wir konnten den jungen Mann durch ein mehrjähriges Mentorenprojekt mit den Pologrößen in Argentinien und auf der ganzen Welt in Verbindung bringen, und es gelang ihm, sein Spiel so weit zu verbessern, dass er als erste Person of Color für die südafrikanische Polomannschaft spielt.

Wie lassen sich derartige Erfolgsgeschichten skalieren?

Das kann ich noch nicht verraten, aber genau daran arbeiten wir zurzeit. Erst einmal stellen wir aber das Maybach-Museum fertig, es entsteht in der Fußgängerzone von Friedrichshafen. Ich finde es auch wichtig, in Deutschland daran zu erinnern, dass die Risikofreude, die wir heute mit dem Silicon Valley verbinden, diese geballte Innovationskraft vor 120 Jahren am Bodensee beheimatet war. Und natürlich stellt sich die Frage: Wie kommen wir dahin zurück? Wie finden wir zu diesem Mindset zurück?

Lassen Sie sich von Traumhäusern in Deutschland inspirieren.

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Es gilt als erstes modernes Automobil der Geschichte: der Mercedes 35 PS, hier beim Rennwochenende in Nizza im Jahr 1901. Foto: ROBIN TRAJANO / MBUSA

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