Es geht weiter mit unserer Interview-Reihe rund um das Thema Immobilieninvestments. Für unsere Interviews sprechen wir mit Experten, Investoren, Beratern und Dienstleistern mit dem Ziel, direkte Einblicke in verschiedene Themengebiete aus erster Hand zu erhalten.
Unser aktuelles Thema: New Work. Wie sehen die Arbeitsplätze post Corona aus und wie werden sich diese in der Zukunft weiterentwickeln? Nicht nur die Arbeitgeber müssen agiler werden, um attraktiv für Arbeitnehmer zu bleiben. Auch die Anforderungen an die Immobilien verändern sich, um ein neuartiges Arbeitsmodell möglich zu machen. Hierzu haben wir Philipp Poppe, Experte für New Work und Arbeitswelten Entwicklung bei OTTO GmbH & Co KG, eingeladen.
Die Bürowelt ist im Wandel. Die Art wie wir arbeiten, verändert sich in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit. Arbeitnehmer fordern verstärkt flexiblere Arbeitsmodelle ein. Unternehmen haben angefangen, notwendige Transformationsprozesse einzuleiten und nachhaltige Flächenkonzepte zu erarbeiten, welche den veränderten Anforderungen im Arbeitsumfeld entsprechen.
Für Investoren ist es unseres Erachtens wesentlich, diese neue Dynamik auf den Arbeitsmärkten zu verstehen, um die Chancen dieses Transformationsprozesses im Rahmen ihrer Investment-Entscheidungen optimal zu nutzen. Daher haben wir Herrn Philipp Poppe, Experte für New Work bei OTTO GmbH & Co KG, zu uns eingeladen, um einen direkten Einblick in den Transformationsprozess bei eines der größten Hamburger Arbeitgeber zu erhalten. Unser Bereichsleiter Lutz Lögters (Investmentimmobilien // Industrie- & Logistikimmobilien) ging mit ihm ins Gespräch.
Lutz Lögters: Herr Poppe, vielen Dank, dass Sie sich für unsere Interview-Reihe Zeit genommen haben. Unsere heutige Arbeitswelt ist zunehmend dynamisch und komplex. „New Work“ steht für zukunftsweisende und selbstbestimmte Arbeit und beschreibt die neue Arbeitsweise der heutigen Gesellschaft im globalen und digitalen Zeitalter. Wie interpretieren bzw. definieren Sie diesen Begriff?
Philipp Poppe: New Work ist mehr als ein Obstkorb, ein Bällebad oder dauerhaftes Homeoffice. Es umfasst vielmehr zahlreiche individuelle, unternehmensorganisatorische und gesellschaftliche Aspekte – mit dem Ziel, die Probleme der heutigen wie zukünftigen Arbeitswelt zu antizipieren und zu lösen. Auch gesellschaftliche Herausforderungen werden immer ein Teil dieser Betrachtung sein. Die Corona-Pandemie hat dies eindrucksvoll bewiesen.
Lutz Lögters: Sie sprechen unter anderem von einem Multispace Büro als Konzept, in dem aufgabenabhängig verschiedene Arbeitsstätten zur Verfügung gestellt werden. Zwischen welchen verschiedenen Alternativen kann man in Zukunft bei OTTO wählen?
Philipp Poppe: Bereits vor Corona haben wir bei OTTO ein hochmodernes Flächenkonzept entwickelt, das die Bedürfnisse der Mitarbeitenden in den Mittelpunkt stellt. Dieses Konzept sieht neben Einzelarbeitsplätzen im Desksharing-Modell zahlreiche Co-Working-Flächen und Social Spaces vor, die die Vernetzung der Kolleg*innen fördern und die Zusammenarbeit bereichsübergreifend weiter vereinfachen soll. Einzel- oder Mehrpersonenbüros sind und waren hingegen nicht vorgesehen, auch nicht für Vorstände und Führungspersonal.
Lutz Lögters: Auch das Thema Nachhaltigkeit kommt in diesem Zusammenhang immer wieder auf, wie inkorporieren/berücksichtigen Sie dieses Thema bei der New Work Bewegung bei OTTO?
Philipp Poppe: Nachhaltigkeit und nachhaltiges Wirtschaften sind seit Jahrezehnten fest in unserer Unternehmenskultur verankert, und zwar auf allen Ebenen. Das hybride Arbeitsmodell zahlt beispielweise auf die Nachhaltigkeit dahingehend ein, dass unsere Mitarbeitenden nur noch aufgabenbezogen und nicht mehr täglich ins Büro kommen. Das spart CO2, weil Arbeitswege entfallen.
Lutz Lögters: Was müsste bei einem Neubau bedacht werden, um generell allen Anforderungen genügen zu können (Stichwort Smart-Building-Technologien)? Auf welche Aspekte haben Sie bei ihrem Neubau am meisten geachtet, und was war ausschlaggebend für die Konstruktion des New Work Büros?
Philipp Poppe: Ein neues Gebäude muss auf die Bedürfnisse der darin arbeitenden Menschen ausgerichtet sein. Es braucht ein durchdachtes Nutzungskonzept, das auf die Zukunft ausgerichtet ist und zu den Arbeitsprozessen passt. Die Bedürfnisse sind von Unternehmen zu Unternehmen aber so individuell, dass es keine Lösung von der Stange gibt. Bei OTTO setzen wir auf das hybride Arbeitsmodell. Ein wesentlicher wichtiger Aspekt ist dabei die Technik: Künftig werden Mitarbeitende im Büro regelmäßig mit Kolleg*innen zusammenarbeiten, die remote zugeschaltet sind. Beide Arbeitswelten müssen wir also effizient miteinander verbinden. Und dafür braucht es eine leistungsfähige Konferenz- und Kommunikationstechnik, die orts- und geräteunabhängig funktioniert. Smart-Building-Technologien setzen wir dort ein, wo sie dem Nutzer oder Betreiber einen wirklichen Mehrwert bietet.
Lutz Lögters: Die Zentrale von OTTO entsteht in Hamburg-Bramfeld. Wie relevant sehen Sie, neben den Angeboten vor Ort, die Lage der Immobilie für ein Büro? Insbesondere im Zusammenhang mit Prestige und Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel von Innenstadtlagen für jüngere MitarbeiterInnen?
Philipp Poppe: In einer hybriden Arbeitswelt, in der Menschen zweimal statt fünfmal pro Woche ins Büro fahren, ist die Bedeutung des physischen Standorts geringer. Präzise ausgewählte Standortfaktoren sind aber dennoch wichtig für die Wahl des richtigen Standorts einer Immobilie. Bei der Wahl für oder gegen einen Arbeitgeber ist und bleibt die Lage wichtig, aber meiner Meinung nach nicht absolut ausschlaggebend. Vielmehr geht es darum, was den Mitarbeitenden innerhalb und rund um die Immobilie geboten wird. Ein modernes Flächenkonzept, ein zukunftsorientiertes Arbeitsmodell und eine authentische Unternehmenskultur spielen dabei eine wesentliche Rolle. Aber auch die Erreichbarkeit, insbesondere per ÖPNV, ist wichtig und wird in der Bedeutung noch zu nehmen.
Lutz Lögters: Wenn ein modernes Büro also mehrere unterschiedliche Arten an Flächen aufweisen sollte, wird dann in Zukunft möglicherweise insgesamt mehr Bürofläche benötigt als bei der klassischen Schreibtischkultur?
Philipp Poppe: Bei gleichbleibender Anzahl an Mitarbeitenden braucht es nicht mehr, aber auch nicht viel weniger Bürofläche. Das Büro an sich muss aber neu gedacht werden und auf die Arbeitsanforderungen heute und morgen ausgerichtet werden. Wir entwickeln uns klar weg von einer Schreibtischkultur, bei der Mitarbeitende ihren Arbeitstag am persönlich zugewiesenen Schreibtisch verbringen. Das belegen Umfragen: So haben unsere Mitarbeitenden in einer Befragung angegeben, für asynchrone Tätigkeiten, z.B. der Einzelarbeit, eher im mobilen Office zu bleiben. Für synchrone Tätigkeiten, wie Workshops, Campus-Events oder bewusst angesetzte Präsenzmeetings, spielt das Büro hingegen auch zukünftig für sie eine wichtige Rolle. Das Verhältnis der klassischen Schreibtische zu Kollaborationsflächen und anderen Arbeitsmöglichkeiten wird sich aber weiter verändern.
Lutz Lögters: Für all diese neuen Bürokonzeptionen wird ein hohes Maß an Ressourcen gebunden. Sie sind sowohl in der Planung als auch in der Umsetzung zeitlich aufwendig und finanziell intensiv. Kann man davon ausgehen, dass Mietverträge, aufgrund des hohen Aufwands, in Zukunft für längere Perioden abgeschlossen werden?
Philipp Poppe: Im derzeitigen Arbeitsmarkt ist es wichtiger denn je, in ein durchdachtes und qualitativ hochwertiges Bürokonzept zu investieren. Die Kosten werden die neu gewonnenen Talente durch hohe Motivation zurückzahlen – auch wenn ein modernes Bürokonzept allein natürlich noch keine Talente anzieht. Es kommt immer auf die Mischung an. Bleibt die Frage des Flächenbedarfs. Insbesondere die technischen Möglichkeiten lassen heute und in Zukunft eine virtuelle Kollaboration zu, die wir noch Anfang 2020 nicht für möglich gehalten haben. Für Unternehmen gilt es nun herauszufinden, wie die Balance zwischen mobiler Arbeit und Präsenz perspektivisch aussehen wird. Das kann sich auf Basis der technologischen, aber auch gesellschaftlichen Entwicklung schnell ändern. Bürokonzepte werden nicht mehr für 25 Jahre realisiert, sondern müssen regelmäßig evaluiert und auf die neuen Bedürfnisse angepasst werden. Ich glaube, dass trotz des hohen monetären und planerischen Aufwands Mietverträge in Zukunft eher für kurze Perioden abgeschlossen werden. Außerdem müssen Gebäude künftig verstärkt in der Lage sein, ohne große Investitionen verschiedene Nutzer zu beherbergen.
Lutz Lögters: OTTO ist nun einer der größten Arbeitgeber in Hamburg. Wie sieht die Zukunft für kleinere Arbeitgeber aus? Gehen Sie davon aus, dass „We Work“ mehr zum Tragen kommen wird?
Philipp Poppe: Meiner Meinung nach haben Co-Working-Spaces nach wie vor eine Berechtigung und stellen vor allem für Freelancer und kleine Unternehmen eine ideale Plattform dar. Auch in ländlichen Regionen machen derartige Modelle Sinn. Inwieweit das Geschäftsmodell im städtischen Raum noch weiter skalieren kann, vermag ich nicht zu prognostizieren. Insbesondere große Unternehmen, in der Vergangenheit auch Mieter teils großer Co-Working-Flächen, ziehen sich aus diesen Spaces vermehrt zurück. Die eigens genutzten neu gestalteten Büroimmobilien übernehmen mehr und mehr die Funktion des Co-Working-Space.
Fazit: Die jüngsten Zahlen belegen (siehe E&V Büromarktbericht Q2 2022), dass Büroimmobilien in guten Lagen weiterhin stark nachgefragt werden. Die Attraktivität der Immobilien ist, neben Lage, verstärkt abhängig von nachhaltigen und flexiblen Nutzungskonzepten. Gerne beraten wir Sie bei der Auswahl der passenden Immobilien. Wir stehen Ihnen jeder Zeit zur Verfügung und begleiten Sie durch den gesamten Ankaufsprozess.
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