Energetische Sanierung von Mehrfamilienhäusern

Wann rentiert sich die energetische Sanierung von Mehrfamilienhäusern? 


Eigentümer von Mehrfamilienhäusern beschäftigen sich zunehmend mit energetischer Sanierung, da energiesanierte Wohnungen heutzutage deutlich stärker nachgefragt sind, als Wohnungen, die keine ressourcenschonenden Standards erfüllen. Dazu kommt, dass gesetzliche Vorgaben in Bezug auf Fenster, Fassaden oder Heizungsanlagen erfüllt werden müssen und energetische Sanierung dem Werterhalt von Immobilien dient.

Auch das Thema ESG (Environmental, Social, Governance) für Bestandsbauten wird immer drängender, hierbei ist ein wichtiges Stichwort "EU-Taxonomie". Die erforderlichen Standards, die auch von Immobilieneigentümern berücksichtigt werden müssen, beziehen sich auf eine breite Palette von Maßnahmen, die unter dem Begriff Nachhaltigkeit zusammengefasst werden können. Die Anforderungen reichen von Energieeffizienz bis hin zu fairen Arbeitsbedingungen bei Zulieferern und Dienstleistern. Ist ein Mehrfamilienhaus energetisch saniert, werden bereits viele Aspekte erfüllt, die im Bereich "Environmental" von der EU-Taxonomie vorgegeben werden.


​Sanierungsrückstau: Wie viele Mehrfamilienhäuser im Bestand sind schon energetisch saniert? 

Im Jahr 1979 trat die erste Wärmeschutzverordnung in Kraft. Etwa 70% der heutigen Bestandsgebäude wurden jedoch schon vor 1979 erbaut, von denen wiederum zwei Drittel über keinerlei Wärmedämmung verfügen. Nur etwa 10% der Altbauten haben eine Dämmung, die im Rahmen einer energetischen Sanierung auf Vordermann gebracht wurde und den aktuellen Anforderungen genügt. 

Ähnliches gilt für die Heizungsanlagen, von denen rund 70% nicht den heutigen Anforderungen an energetisch sanierte Gebäude entsprechen. Hier zeigt sich der enorme Sanierungsrückstau bei Bestandsbauten.


Rechnen sich kleinere Maßnahmen bei der energetischen Sanierung? 

Damit die Betriebskosten eines Gebäudes und insbesondere die Energiekosten in einem moderaten Rahmen bleiben, sind bei älteren Immobilien oftmals erhebliche Investitionen in Gebäudetechnik und Wärmedämmung erforderlich. Bei den aktuellen Fördermaßnahmen und den stetig steigenden Energiepreisen ist genau zu prüfen, ob und welche energetischen Sanierungen sich für den Eigentümer rechnen.

Oftmals zahlen sich schon kleinere Modernisierungsmaßnahmen aus. In jedem Fall sollte hier der jeweilige energetische und bauliche Ist-Zustand der Immobilie zugrunde gelegt und mit möglichen Verbesserungen im Rahmen einer energetischen Sanierung abgeglichen werden.

Worin besteht der Unterschied bei Sanierungen und energetischen Sanierungen, Renovierungen und Modernisierungen?

Sanierungen: 

Der einfachen Sanierung geht immer ein Schaden voraus, beispielsweise ein feuchter Keller, marode Wasser- und Abwasserleitungen oder bröckelnder Putz. Normalerweise erfolgt als erstes eine ganzheitliche Betrachtung der festgestellten Mängel unter Berücksichtigung des Lebenszyklus der Immobilie. 

Im Rahmen der regelgerechten Sanierung geht es darum, den ursprünglichen Zustand der Immobilie unter Beachtung des aktuellen Stands der Technik wiederherzustellen. Sie zielen somit auf eine Bestandsverbesserung ab. Da Eingriffe ins Gebäude nötig sind, sollte geprüft werden, ob sie, sofern wirtschaftlich sinnvoll, gleich mit umgesetzt werden können. 


Renovierungen:

Bei Renovierungen liegt der Schwerpunkt auf optischen Verbesserungen einer Immobilie, beispielsweise dem Auffrischen durch neue Farben sowie Anpassungen an veränderte familiäre Bedürfnisse, persönliche Wohnvorstellungen oder organisatorische Vorgaben. Hierbei liegt nicht zwingend ein Schaden vor. Juristisch betrachtet müssen bei Renovierungen keine modernen Standards bei Wärme- und Feuchteschutz, Schall- oder Brandschutz erfüllt werden, diese werden nur an Gebäudeaußen- und Innenflächen durchgeführt.


Modernisierungen:

Von Modernisierungen wird gesprochen, wenn über die Wiederherstellung des ursprünglichen Gebäudezustands hinaus eine wesentliche, technische und energetische Verbesserung erzielt wird. Diese Verbesserung muss dann dem aktuell geforderten Soll-Zustand entsprechen - das kann den Wärmeschutz ebenso betreffen wie den Feuchte-, Schall- und Brandschutz. Hierzu zählen zum Beispiel das Aufbringen von Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) an der Fassade, das Abdichten und das Wärmedämmen von Kellern und Dächern oder der Einbau von Fenstern für die Verbesserung des Wärme- und Schallschutzes.

Einsparpotenziale: Wie profitieren Eigentümer eines Mehrfamilienhauses von einer energetischen Sanierung?

Da bestehende Gebäude etwa dreimal soviel Energie zur Beheizung und Warmwasserbereitung benötigen wie Neubauten, liegen die größten Energieeinsparpotentiale in Deutschland im Bestand. Für viele Bestandhalter zahlt sich eine energetische Sanierung aber nicht unmittelbar aus, da die Mieter die Kosten für Gas oder Öl im Rahmen der Betriebskostenabrechnung ohnehin tragen.

Diese Sichtweise kann jedoch langfristig zu einem Vermietungshindernis werden. Das ist der Fall, wenn aufgrund der stetig steigenden Energiepreise die Gesamtmiete inklusive der Betriebskosten nicht mehr marktfähig ist. In Folge dessen müssen Mietpreisabschläge oder längere Leerstandszeiten hingenommen werden. 



Wann rentiert sich die energetische Sanierung?   ​

In Hamburg sind ca 40-50% der Mehrfamilienhäuser laut einer Studie von Sprengnetter in Hamburg in einer grundsätzlich sanierungsbedürftigen Energieeffizienzklasse E bis H.
Maßnahmen zur energetischen Sanierung erfordern eine sorgfältige Planung und hohe Investitionen, deren Rückzahlung oft erst nach einem Zeitraum von zehn Jahren oder mehr erfolgt. Die fachgerechte und konsequente energetische Sanierung führt zu einer Wertsteigerung des Objekts, die substanziell vorhanden ist und erhalten bleibt. Es zeichnet sich ab, dass in der Zukunft der Wert einer Immobilie zunehmend von ihrer energetischen Qualität beeinflusst wird. 


Die Vorteile einer energetischen Sanierung: 

  • Niedrigere Betriebskosten
  • Wertsteigerung
  • Erhöhung des Wohnkomforts
  • Bessere Vermietbarkeit 


​Maßnahmenpakete und Förderdschungel - wie Kapitalanleger von der Unterstützung zur energetischen Sanierung von Wohnungen profitieren 

Die Anstrengungen von Bundesregierung und öffentlicher Hand zur Unterstützung energetischer Sanierung zur Erreichung der Klimaziele sind neben der Beseitigung des Wohnungsnotstands in Deutschland umfangreich und unübersichtlich zugleich. Engel & Völkers Commercial Hamburg hat ein paar interessante Aspekte herausgearbeitet:


1. Sehr günstige KfW-Darlehen für energiesparende Neu- und Bestandsbauten

Bereits Anfang März des Jahres hat die staatliche Förderbank KfW ihre aktuelle Förderung, nämlich das Programm klimafreundlicher Neubau (Programm-Nummer KfW 297/298), gestartet. Dieses Programm bietet sehr günstige Kredite für den Bau oder den Kauf eines Wohngebäudes, soweit diese weitgehende Standards der Energieeinsparung erfüllen. Einen Förderkredit gibt es bereits zu einem auf 10 Jahre festgeschriebenen Zinssatz von 0,1 Prozent p.a. Berechtigt sind praktisch alle, so private Eigentümer, Unternehmen, Körperschaften etc. Für die ersten Jahre des Investments bietet die KfW tilgungsfreie Jahre. Die Kredite können zudem für Laufzeiten von bis zu 35 Jahren vereinbart werden, wobei sich dann die Zinssätze auf derzeit 1,23 Prozent p. a. belaufen. Da die Wohnungsgrößen nicht beziffert werden, sind die Kredite, insbesondere für Investoren in Gebäude mit möglichst kleinen Wohneinheiten hochinteressant.

Für die Bewilligung dieser Kredite gelten allerdings strenge Nachhaltigkeitsstandards: Ein Neubau oder eine Sanierung muss unter anderem einen Effizienzhausstandard 40 erreichen und es dürfen keine fossilen Heizsysteme (wie Öl-, Gas- oder Pelletheizungen) eingebaut bzw. verwendet werden. Die maximale Summe, die die KfW bewilligt, liegt bei 150.000 Euro je Wohneinheit. 

Die Höhe des Kredites hängt von der Förderstufe ab, die ein Sanierungs- oder Neubauprojekt erreicht. Für ein klimafreundliches Objekt, das weder mit Öl, Gas oder Biomasse betrieben wird und die Effizienzhausstufe 40 erreicht, wird 100.000 Euro je Wohneinheit bewilligt. Der maximale Kreditbetrag steigt auf 150.000 Euro je Wohnung, wenn die Immobilie zusätzlich die Stufe „Klimafreundliches Wohngebäude – mit QNG“ erreicht, d.h. die Anforderungen des „Qualitätssiegels Nachhaltiges Gebäude Plus“ (QNG-PLUS) oder des „Qualitätssiegels Nachhaltiges Gebäude Premium (QNG-PREMIUM)“ erfüllt, bestätigt durch ein Nachhaltigkeitszertifikat.

2. Förderung zur energetischen Sanierung von 15 auf 30 Prozent verdoppelt

Die Fördermaßnahmen zur energetischen Sanierung von Gebäuden im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) bestehen seit 2021, sind umfangreich und ändern sich oft. In diesem Jahr wurde insbesondere im Zusammenhang mit dem umstrittenen, inzwischen aber verabschiedeten Gebäudeenergiegesetz die zweite Reformstufe gestartet, die den Zugang zu den Fördermaßnahmen erleichtern soll und einige Verbesserungen der Fördermaßnahmen umfasst. Für die Jahre 2024 und 2025 wird die Förderung von Einzelmaßnahmen zur energetischen Sanierung von 15 auf 30 Prozent
verdoppelt. Für die neue Heizung oder eine andere Einzelmaßnahme gilt eine Obergrenze von 60.000 Euro pro Wohneinheit und Kalenderjahr und insgesamt von 600.000 Euro je Gebäude, die bei den förderfähigen Kosten nicht überschritten werden darf. Die Einzelmaßnahmen können über mehrere aufeinander folgende Jahre hinweg beantragt werden. Entscheidend ist, dass tatsächlich eine energetische Verbesserung erzielt wird. 

Abgewickelt wird die Förderung über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA); allein das Infoblatt über die diversen Möglichkeiten und Voraussetzungen für eine Förderung im Rahmen des BEG umfasst 34 Seiten. Die Förderung ist ein Zuschuss, der nicht zurückgezahlt werden muss und mit dem Einzelmaßnahmen gefördert werden. Die erhöhte Förderung bezieht sich nicht nur auf den Heizungsaustausch, sondern auch auf Maßnahmen der energetischen Gebäudesanierung, etwa der Gebäudedämmung. Neben der Erhöhung des Zuschusses wird auch die Möglichkeit der steuerlichen Abschreibung auf die entsprechenden energetischen Investitionen von bisher 20 auf 30 Prozent angehoben, was ebenfalls nur für 2024 und 2025 gilt. Die auf die zwei Jahre befristete Erhöhung der Fördersummen soll nach den Vorstellungen der Bundesregierung, vorgetragen auf dem Wohnungsgipfel im September 2023, den deutlich nachgelassenen Wohnungsneubau stimulieren.



Überblick:

  • Maßnahmen an der Gebäudehülle: (z.B. Fassaden oder Dachdämmung, neue Fenster, neue Haustür): 15 Prozent (30 Prozent in 2024 und 2025) Förderung, maximal 60.000 Euro pro Wohneinheit und Kalenderjahr, insgesamt maximal 600.000 Euro pro Gebäude
  • Anlagentechnik außer Heizung: (z.B. Einbau und Austausch oder Optimierung raumlufttechnischer Anlagen): 15 Prozent (30 Prozent in 2024 und 2025),
    Mindestinvestitionsvolumen 2.000 Euro brutto, maximal 60.000 Euro pro Wohneinheit und Kalenderjahr, insgesamt maximal 600.000 Euro pro Gebäude
  • Anlagen zur Wärmeerzeugung (Heizungstechnik): mindestens 10 Prozent bis maximal 40 Prozent, Mindestinvestitionsvolumen 2.000 Euro brutto, maximal 60.000 Euro pro Wohneinheit und Kalenderjahr, insgesamt maximal 600.000 Euro pro Gebäude
  • Heizungsoptimierung: 15 Prozent, Mindestinvestitionsvolumen 300 Euro brutto, als Teil eines im Förderprogramm Bundesförderung für Energieberatung für Wohngebäude geförderten individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP) zusätzlicher Förderbonus von 5 Prozent möglich
  • Fachplanung und Baubegleitung durch einen Experten der Energieeffizienz-Expertenliste: 50 Prozent, maximal 5.000 Euro pro Kalenderjahr bei Ein- und Zweifamilienhäusern, maximal 2.000 Euro pro Wohneinheit und Kalenderjahr bei Mehrfamilienhäusern mit drei oder mehr Wohneinheiten; insgesamt maximal 20.000 Euro pro Zuwendungsbescheid

3. Interessante Mieterhöhungspotentiale durch Modernisierungsumlage


Neben den Fördermaßnahmen in Form direkter Zuschüsse sowie zinsverbilligter Kredite können Vermieter zusätzlich Wohnungsmieten erhöhen, wenn sie energetische Modernisierungen umsetzen und diese entsprechend §555b BGB zu nachhaltigen Energieeinsparungen führen. 8 Prozent der Investitionskosten können auf die Jahresnettomiete umgelegt werden, wobei die maximale Höhe gedeckelt ist. Denn es dürfen innerhalb von sechs Jahren nur maximal drei Euro je Quadratmeter Wohnfläche und Monat aufgeschlagen werden, bei Anfangsmieten von unter 7 Euro/qm nur zwei Euro/qm und Monat. Damit können Investitionen in die Modernisierung nur dann zum möglichen Zinssatz von 8 Prozent umgelegt werden, wenn ihre Kosten unter 450 Euro je Quadratmeter Wohnfläche liegen bzw. unter 300 Euro/qm bei Wohnraum mit 7 Euro/qm Nettomonatsmieten.

Um entsprechende Mieterhöhungen wirksam umsetzen zu können, müssen Vermieter eine ganze Reihe von Formalien beachten, insbesondere ein rechtzeitig zwei Monate vor Beginn der Sanierungsmaßnahmen an die Mieter zu übermittelndes Informationsschreiben, das präzise die Maßnahmen und den Zeitrahmen beschreibt und erläutert, außerdem die Effekte der Modernisierung sowie die Kosten der Modernisierung und die Folgen für die künftige Miete nennt. Mieter haben die Möglichkeit, mit einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung des Mieterhöhungsverlangens das Mietverhältnis zum
Ablauf des übernächsten Monats zu kündigen.


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Jan Witte

Bereichsleiter Wohn- und Geschäftshäuser

Oliver Ihrt

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