Mietspiegel zeigen, wie hoch die ortsübliche Vergleichsmiete in einer Stadt oder Gemeinde ist. Sie werden für die Beurteilung von Mieterhöhungen herangezogen und sind damit sowohl für Mieter*innen als auch für Vermieter*innen ein wichtiges Instrument. Am 1. Juli 2022 tritt eine Reform in Kraft, um Mietspiegel, die vor Gericht häufig infrage gestellt wurden, aussagekräftiger und rechtssicherer zu machen. Was ist neu?
Bislang lag es in der Hand der einzelnen Kommunen, ob es dort einen Mietspiegel gab und wenn ja, ob dieser einfach oder qualifiziert war. Der einfache Mietspiegel bietet lediglich eine Übersicht über die Vergleichsmieten, der qualifizierte Mietspiegel ist ausführlicher und durch seine wissenschaftliche Basis zuverlässiger.
Mit der Mietspiegelreform sind nun alle Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohner*innen verpflichtet, mindestens einen einfachen Mietspiegel zu erstellen. Das betrifft knapp 200 Städte in Deutschland. Während die meisten Großstädte bereits über einen Mietspiegel verfügen, waren es Anfang 2022 in den betroffenen Mittelstädten noch deutlich weniger.
Für die Erstellung des Mietspiegels gilt eine Übergangsfrist: Einfache Mietspiegel müssen bis 1. Januar 2023 veröffentlicht sein, qualifizierte Mietspiegel bis 1. Januar 2024. Nach zwei Jahren sollen Mietspiegel dann erneut der Marktentwicklung angepasst, nach vier Jahren neu erstellt werden.
Auch wenn Gemeinden weiter mit einfachen (und kostengünstigen) Mietspiegeln arbeiten können, wird den qualifizierten Mietspiegeln mehr Relevanz gegeben. Speziell für sie gibt es fortan Mindeststandards, zum Beispiel im Hinblick auf die Auswahl der Vergleichswohnungen und auf Umfang sowie Repräsentativität der Stichproben. Nach wie vor gilt, dass der Mietspiegel wissenschaftlich valide erhoben werden muss.
Gemeinden, die einen einfachen Mietspiegel erstellen, müssen zwar ebenfalls nachweisen können, wie sie ihre Zahlen erhoben haben. Sie müssen bei der Erfassung aber nicht streng wissenschaftlich vorgehen. So soll gewährleistet sein, dass die Kosten für sie im Rahmen bleiben, sie aber dennoch einen qualitativ höherwertigen Mietspiegel als bisher verwenden.
Waren Gemeinden bislang auf die freiwillige Mitarbeit von Mieter*innen und Vermieter*innen angewiesen, sind diese nun verpflichtet, Auskunft zu geben, wenn sie im Rahmen einer Stichprobe befragt werden. Die Fragen beziehen sich zum Beispiel auf Merkmale der Wohnung und die aktuelle Miethöhe. Wer nicht oder nicht korrekt antwortet, riskiert ein Bußgeld.
Über die Befragung hinaus dürfen die Gemeinden nun auch Daten aus Melderegistern, der Grundsteuererklärung sowie aus der Gebäude- und Wohnungszählung des Zensus verwenden.
Die reformierten Mietspiegel bieten sowohl Vermieter*innen als auch Mieter*innen einen klaren Rechtsrahmen und mehr Sicherheit, dass die verlangte Miete angemessen und realistisch ist. Experten erwarten dementsprechend eine höhere Akzeptanz, selbst wenn es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung über eine Mieterhöhung kommt. Wie die Gerichte die Bedeutung der Mietspiegel künftig einschätzen, muss sich in der Praxis zeigen. In Bezug auf die Miethöhen werden aber keine großen Veränderungen durch die Mietspiegelreform erwartet. (29.6.22)