Die Corona-Krise stellt die hannoverschen Unternehmen vor eine schwere Prüfung: Nachfragerückgänge, Umsatzeinbußen, Kurzarbeit und vorübergehende Schließungen. Insbesondere Mieten können in Krisenzeiten schnell zu einer existenziellen Belastung werden. Wie hat der hannoversche Markt für Büroflächen auf die Krise reagiert? Dazu Thorsten Illmer, Experte für Büroflächen bei Engel & Völkers Commercial:
Die anfängliche Krise: Eine zusätzliche Abkühlung
In den ersten beiden „Corona-Wochen“ brach die Nachfrage bezüglich Büroflächen zunächst ein. Nachdem die „Schockstarre“ mittlerweile überwunden wurde, hat sich der Markt etwas normalisiert. Akute Veränderungen bezüglich der Mietpreise können wir bis dato nicht ausmachen - wohl auch, weil sich viele Verhandlungen bereits vor der Krise in einem fortgeschrittenen Stadium befanden. Indes zeigten sich bereits vor der Krise, bedingt durch die abflauende Konjunktur, erste Anzeichen für eine Abkühlung auf dem Büroflächenmarkt. Die über die letzten Jahre stark progressiven Mietsteigerungen, vor allem bei Flächen in der Innenstadt, flachten langsam ab. Die Corona-Krise beschleunigt diesen Trend, sodass weitere Mietsteigerungen aktuell unwahrscheinlich erscheinen.
Der Status Quo: Safety-first
Die Marktteilnehmer stellen sich auf die aktuellen Gegebenheiten ein und rüsten sich für die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Unternehmen leiten Maßnahmen zur Sicherung des Cashflows ein, um auch mittel- und langfristig solvent zu bleiben. Eine Umfrage von Engel & Völkers in Hamburg und Schleswig-Holstein ergab, dass 61,5 % der Vermieter bereits auf Mietstundungen bzw. Kürzungen angesprochen wurden. Auch in Hannover sehen wir eine ähnliche Entwicklung. Firmen mit Büroflächen im eigenen Besitz beraten wir zurzeit häufig zum Thema Rückmietverkäufe. Die Unternehmen können nach dem Verkauf ihre Büroflächen wie gewohnt nutzen und verfügen über zusätzliche Liquidität. Ebenso steigt das Interesse an variablen Konzepten für Büroflächennutzung. Personalwirtschaftliche Veränderungen, wie die Umstellung auf Homeoffice von Teilen der Belegschaft, schaffen Kapazität für Mieterträge aus Untervermietung. Aus den Erfahrungen von Engel & Völkers mit der New-Economy-Krise im Jahr 2000 und mit der Banken-Krise 2008 wissen wir, dass diese Maßnahmen helfen können Existenzen zu sichern. Weiterhin beeinflusst der unabdingliche Schutz der Gesundheit das Marktgeschehen. Die Kontaktbeschränkung sowie die allgemeine Vorsicht erhöhen den Stellenwert der digitalen Vermarktung von Büroflächen. Seit Beginn der Krise steigt in unserem Geschäftsalltag die Zahl der virtuellen 360°-Rundgänge und Live- Online-Besichtigung von Büroflächen. Eine Herausforderung für Neumieter stellen die „Corona-Klauseln“ in den Mietvertragswerken dar. Die Vermieterreagieren mit diesen Klauseln auf krisenbedingt verzögerte Liefer- und Ausbauzeiten und halten den tatsächlichen Mietbeginn variabel. Für den Mieter kann das zu einem Problem werden, wenn das bisherige Mietverhältnis zeitnah gekündigt werden müsste oder bereits gekündigt ist.
Zukünftige Entwicklungen: Stabilisierung
Die Entwicklung am Büromarkt wird sich in Abhängigkeit von dem Verlauf der Pandemie verändern. Langfristige Prognosen unterliegen somit einer gewissen Unsicherheit und die endgültigen Auswirkungen bleiben abzuwarten. In Hannover gehen wir von einem leichten Nachfragerückgang aus, auch bedingt durch den allgemeinen Konjunkturverlauf. Das Mietzinsniveau für Büroflächen wird sich nach derzeitigem Stand stabilisieren. Unterm Strich sorgen die von Mietern, Vermietern und der Regierung eingeleiteten Maßnahmen aktuell für Stabilität und lassen uns positiv in die Zukunft schauen.