Eine der großen Immobilienfragen des Jahres 2021 wird sein: Was passiert angesichts von Homeoffice und flexiblem Arbeiten mit den Büros? Theoretisch könnte ein Unternehmen dadurch eine Menge Bürofläche einsparen. In der Informationswirtschaft zum Beispiel gehen rund 45 Prozent der Unternehmen davon aus, dass mehr als die Hälfte ihrer Beschäftigten gut zu Hause arbeiten könnte. Das hat eine Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ermittelt.
Doch werden diese Mitarbeiter jetzt wirklich alle mit ihrem Laptop nach Hause geschickt? Suchen sich Unternehmen, die bislang 1.000 Quadratmeter Büro brauchten, neue Räume mit nur noch 500 Quadratmetern? Wahrscheinlich nicht. Eine ebenfalls sehr interessante Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln hat festgestellt: Nur 6,4 Prozent der Unternehmen wollen 2021 ihre Bürofläche reduzieren.
Das kann Aissatou Frisch-Baldé nur unterstreichen. Sie leitet die Büroflächenvermietung von Engel & Völkers Commercial Berlin. „Vergangenes Jahr hatten wir 1,4 Prozent Leerstand. Daran hat sich auch durch die Pandemie kaum etwas geändert.” 1,4 Prozent bedeutet quasi Vollvermietung. „Ein ständiges Homeoffice für eine große Anzahl der Beschäftigten wird sich nicht etablieren”, ist Frisch-Baldé überzeugt. „Dementsprechend reduzieren Arbeitgeber auch nicht ihre Flächen.”
So gering wie in Berlin ist der Leerstand in Frankfurt zwar nicht, doch auch dort kommen trotz Pandemie wenig zusätzliche Büroflächen auf den Markt, berichtet Bastian Elksnat, Leiter der Büro- und Handelsflächenvermietung bei Engel & Völkers Commercial Frankfurt. „Von 6,9 Prozent vor Corona ist der Leerstand lediglich auf 7,3 Prozent gestiegen.” Zwar gebe es viele Unternehmen, die Fläche untervermieten wollten. Den Leerstand treibt aber auch das nicht in die Höhe.
Was jedoch statt Reduzierung der Fläche ein Trend werden könnte, ist die Umstrukturierung. Knapp 17 Prozent der in der IW-Studie befragten Firmen denken darüber nach, ihre Büros umzubauen. Beispielsweise wollen sie Gruppenbüros auflösen und mehr Platz für Kommunikation und Austausch schaffen. Vor allem größere Unternehmen haben schon konkrete Pläne für den Umbau, heißt es beim IW Köln.
Bastian Elksnat bestätigt das. Als Leiter der Bürosparte in Frankfurt steht er in engem Austausch mit den Akteuren in der Bankenmetropole. „Auch wenn es nach Corona eine generelle Rückkehr ins Büro geben wird, werden es weniger Mitarbeiter sein, die täglich ins Büro fahren. So haben Arbeitgeber die Möglichkeit, ihre Flächen zu verändern”, sagt Elksnat. „Weniger Großraum, mehr Konferenzräume, mehr Sofas”, bringt er es auf eine kurze Formel.
In den USA denkt man zurzeit über ähnliche Themen nach. „Die Frage ist, ob unsere großen Tech-Unternehmen die Arbeitsweise ihrer Mitarbeiter dauerhaft anpassen werden”, sagt Rick Turley, Vizepräsident von Engel & Völkers San Francisco. Überraschen würde es ihn aber nicht, wenn es einen Trend gäbe, der wegführt von den glänzenden Glas- und Stahltürmen für Tech-Büros in San Francisco und im Silicon Valley. Schon jetzt hat der Leerstand an der Westküste der USA anders als in Deutschland beträchtlich zugenommen. Mehr als 16 Prozent der Büroflächen stehen dort derzeit leer, berichtet Turley. Ende 2019 waren es in San Francisco noch sechs Prozent.
Dass sich die Leerstände in Deutschland mit zeitlicher Verzögerung ähnlich entwickeln könnten, glaubt sein Frankfurter Kollege Bastian Elksnat nicht: „Die Anmietkonditionen hierzulande unterscheiden sich sehr von denen in den USA”, erklärt er. Unter anderem seien die Vertragslaufzeiten in Deutschland länger. Meist gelten fünf Jahre als Standard. „In Amerika ist dagegen ein Jahr für einen Büromietvertrag keine Seltenheit.”
Wenn dann auch noch die Neuvermietung schleppend läuft, kommt es schnell zum Leerstand. „Die Vermietungsaktivität für Büroflächen hat sich als Folge der Pandemie um bis zu 70 Prozent verlangsamt”, sagt Rick Turley über seinen Markt. Auch das ist in Deutschland anders.
„Während im ersten Lockdown viele potenzielle Mieter abgewartet haben, war das im zweiten Lockdown nicht mehr so”, betont die Berliner Immobilienexpertin Aissatou Frisch-Baldé. Im dritten und vierten Quartal 2020 hat sie in der Hauptstadt sogar eine fast normale Anzahl an Büro-Vermietungen begleitet. „Flächen, die jetzt neu auf den Markt kommen, bleiben nicht leer.”
Interessant werde es bei Büros, die ab 2023 bezugsfertig, zurzeit aber noch nicht vorvermietet sind, glaubt Frisch-Baldé. Die Projektentwickler werden nicht nur mit der Lage, sondern auch mit besonderen Büro-Qualitäten punkten müssen: mehr Kommunikationsflächen, Einsatz nachhaltiger Ressourcen, eventuell auch integrierte Grünflächen, Fitnessbereiche oder ganz andere Serviceangebote, die bislang noch niemand im Fokus hat. Es bleibt auf jeden Fall spannend am Büromarkt. (22.2.21)