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21. Oktober. 2022 | Die Coronapandemie war ein Booster für den Wandel der Innenstädte. Anstatt darin Zeichen des Niedergangs zu sehen, sollten Stakeholder jetzt die Chance nutzen, sie ökologischer und menschenfreundlicher zu gestalten, findet Rackham F. Schröder, Geschäftsführer Engel & Völkers Commercial Berlin.
Verlief die Veränderung der Innenstädte zunächst schleichend, hat sie seit zwei Jahren eine ungeahnte Dynamik bekommen: Der Einzelhandel verlagert sich in den virtuellen Raum oder auf die grüne Wiese. Menschen arbeiten zu Hause und kommen nur noch zu Meetings ins Büro. Restaurants und Ladenlokale schließen. Viele sehen darin Zeichen des Niedergangs.
Doch warum geschieht das, und warum gerade jetzt? Die Coronapandemie ist nicht die eigentliche Ursache. Sie war nur der Booster für Entwicklungen, die seit Jahrzehnten im Gange sind. Denn es ist nicht nachhaltig, wenn sich die Zahl der Menschen in einer Stadt jeden Morgen verdoppelt und am Nachmittag wieder halbiert. Wenn zur täglichen Rush Hour Zehntausende Autos mit laufenden Motoren stillstehen. Wenn Werktätige jährlich Hunderte Stunden in überfüllten Bahnen sitzen, anstatt produktiv zu sein, Sport zu treiben oder mit ihren Kindern zu spielen. Wenn sich Tausende Menschen samstags gleichzeitig in denselben Geschäften drängen. Wenn riesige Immobilien zwölf Stunden am Tag ungenutzt bleiben. All das war auch schon vor 50 Jahren weder umweltfreundlich noch ökonomisch, weder sozial noch gesund.
Doch erst seit Kurzem ist Konsens, dass die damit verbundenen ökologischen und sozialen Kosten nicht mehr tolerierbar sind. Und wir haben heute die technischen Mittel, um anders als in den vergangenen 100 Jahren zu arbeiten, zu konsumieren und unsere Freizeit zu gestalten.
Dieser Wandel wird dauern. Doch das Gesicht der nachhaltigen Stadt ist bereits in Schemen erkennbar. Klar ist: Die Stadt wird keine öde Wüste sein, denn dafür ist sie zu wertvoll. Sie wird zukünftig besser als bisher die Rolle ausfüllen können, die ihr eigentlich zukommt: ein Zentrum für Kreativität, Kultur und soziale Begegnung zu sein. Für Bildungs-, Unterhaltungs- und Gastronomieangebote gibt es in Zukunft mehr Platz in den Innenstädten, auch in neuen Erscheinungsformen und Kombinationen.
Der Einzelhandel wird nicht verschwinden. Doch Geschäfte müssen mit Sortiment oder Einkaufserlebnis einen Grund liefern, dafür in die Stadt zu kommen. Für den schnellen Einkauf sind der Supermarkt am Wohnort oder der Onlinehändler effizienter. Frei werdende Flächen übernehmen bereits heute neue City-Logistiker. Von sogenannten Micro-Hubs aus bieten sie Läden, Restaurants und Verbrauchern lokale, ökologischere Lieferdienste.
Auch das Büro ist entgegen häufigen Unkenrufen kein Auslaufmodell. Tatsächlich fragen Unternehmen inzwischen wieder fast so viel Bürofläche nach wie vor der Pandemie. Aber ihre Ansprüche haben sich gewandelt. Mitarbeiter werden weniger Stunden im Büro verbringen, für Standardtätigkeiten reicht auch das Homeoffice. Büros werden mehr Begegnungsstätte und Kreativlabor sein. Vieles spricht dafür, diese neuen Büros in den Innenstädten anzusiedeln. Dies in Kombination mit sogenannten Satellitenbüros in der Peripherie, die Mitarbeiter in der Nähe ihres Wohnorts nutzen können, wenn sie einen ruhigen Arbeitsplatz brauchen.
Zwischen den Innenstädten und den Stadtvierteln wird sich in den kommenden Jahren eine klarere Arbeitsteilung herauskristallisieren. Die Peripherie profitiert davon bereits heute. Die Menschen verbringen immer mehr Zeit in dem Viertel, in dem sie wohnen. Dadurch erleben Einzelhandel und Gastronomie eine Renaissance.
Auch wenn es im Moment nicht so aussehen mag: Der aktuelle Wandel ist eine große Chance. Werden die richtigen Weichen gestellt, wird die neue Stadt ökologischer und menschenfreundlicher sein.
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