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Mo - Fr von 9 bis 18 Uhr
Der Berliner Wohnungsmarkt steht vor großen Herausforderungen. Angesichts der weiterhin steigenden Mieten und Kaufpreise greifen Senat und Bezirke immer häufiger in den Wohnungsmarkt ein. Milieuschutz und Vorkaufsrecht sind umstritten – wo Investoren das Entwicklungspotenzial der Stadt sehen, sorgen sich Anwohner um die Aufwertung ihres Kiezes.
In diesem Spannungsfeld bewegte sich auch die Veranstaltung zum Thema „Milieuschutz in Berlin – wem hilft er, wen grenzt er aus?“. Auf Einladung von Engel & Völkers Commercial Berlin diskutierten Florian Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen), Prof. Dr. Michael Voigtländer (Institut der deutschen Wirtschaft Köln), Dr. jur. Christian Osthus (Immobilienverband Deutschland IVD) und Prof. Dr. Heinrich Strohauer (Strohauer Hausverwaltung), moderiert von Fachjournalist Christian Hunziker vor rund 200 Gästen.
Florian Schmidt, Baustadtrat des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, machte allein im Jahr 2017 dreizehn Mal vom Vorkaufsrecht Gebrauch. Diesen Kurs will er fortsetzen: „Als Bezirksstadtrat schöpfe ich alle gesetzlichen Mittel aus, um die Bürger vor Verdrängung zu schützen.“ Dabei sei der Milieuschutz eines von vielen Instrumenten, um den weiteren Mietenanstieg zu begrenzen. Auch Stiftungen seien denkbar. „Meine Vision ist es, den Anteil der Wohnungen im Bezirk, die jetzt schon gemeinwohlorientiert bewirtschaftet werden, in den nächsten 20 Jahren zu verdoppeln – von 25 auf 50 Prozent“, so Schmidt weiter.
Kritik am Milieuschutz als Instrument des Mieterschutzes kommt von Christian Osthus, Leiter der Abteilung Recht beim Immobilienverband Deutschland IVD: „Durch den Milieuschutz entsteht keine einzige neue Wohnung. Vorhaben wie etwa den gesamten Bereich innerhalb des S-Bahn-Rings unter Milieuschutz zu stellen, gehen zu weit.“
Für mehr Augenmaß bei den Regulierungen im Mietwohnungsmarkt plädiert auch Michael Voigtländer, der das Kompetenzfeld Finanz- und Immobilienmärkte am Institut der deutschen Wirtschaft Köln leitet. Konzeptionell seien Mietpreisbremse und Erhaltungssatzungen kaum geeignet, den Mietwohnungsmarkt zu entspannen. „Mieter im Bestand müssen geschützt werden, aber der Markt muss auch für Vermieter attraktiv bleiben: Wenn mehr und mehr private Vermieter durch zunehmende Regulierungen die Rentabilität infrage stellen, verkleinert dies das Angebot an Mietwohnungen nur noch weiter.“
Viel Potenzial für die Schaffung von bezahlbarem und rentablem Wohnraum bleibe ungenutzt, da es kein Konzept für Aufstockungen und Lückenschließungen gäbe, betont Heinrich Strohauer, der mit seiner Hausverwaltung als Bestandshalter und Nachverdichter tätig ist: „Damit bleibt die Werterhöhung weitgehend ungenutzt, die entsteht, wenn man nicht bebaubare Fläche in Bauland umwidmet. Die Bezirksämter müssten nur die Nachverdichtungsgenehmigung grundsätzlich an eine Mietpreisbindung und einen Wohnberechtigungsschein koppeln.“ Der Bezirk solle sich verpflichtet fühlen, in ausgerufenen Milieuschutzgebieten Verdichtung zu fördern und aktiv auf Eigentümer zugehen.
Zugleich räumte er ein, dass das Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen langfristig orientierten Wohnungsunternehmen durchaus Wettbewerbsvorteile gegenüber opportunistischen Marktteilnehmern verschaffe. Seine Forderung: „Das Vorkaufsrecht zugunsten landeseigener Wohnungsbaugesellschaften sollte dringend durch ein allgemeines Bieterverfahren abgelöst werden, das auch für private Gesellschaften offen ist“, so Strohauer.
Hierzu zeigte sich Schmidt gesprächsbereit und appellierte zugleich an die soziale Verantwortung der Unternehmen. „Wir brauchen einen Maßnahmen-Mix. Jeder Investor und Eigentümer, der sich sozial verhält, ist bei uns herzlich willkommen.“
In der anschließenden Diskussion mit den Gästen brachten sich auch zahlreiche Eigentümer ein. So wurde anderem gefordert, dass Berlin die Bildung von Wohneigentum stärker fördert und eine Fehlbelegungsabgabe für Sozialwohnungen wiedereinführt.
Zur von Florian Schmidt oftmals angeführten „Berliner Mischung“ erinnerte Voigtländer daran, dass auch der Zuzug Besserverdienender hierzu beiträgt: „Wenn Stadtteile aufgewertet werden, profitieren alle Bewohner letztendlich davon. Um für bezahlbares Wohnen zu sorgen, braucht es Transferleistungen und Belegungsrechte, aber keine Eingriffe ins Eigentumsrecht.“ Berlin werde weiter wachsen – Aufgabe müsse es sein, alle Viertel attraktiv zu machen, um eine stadtweite Durchmischung zu erreichen. Auch außerhalb des Zentrums seien Investitionen in Schulen, Kitas und die Verkehrsanbindung gefragt.
Nicolas Jeissing, Geschäftsführer von Engel & Völkers Commercial Berlin, setzt zum Abschluss des Abends auf eine Fortsetzung des konstruktiven Dialogs zwischen Rot-Rot-Grün und der Immobilienwirtschaft in Berlin: „Das gemeinsame Ziel ist eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung. Dafür braucht es verantwortungsvolles Handeln und Verhältnismäßigkeit – sowohl auf Seiten der Käufer und Investoren, als auch mit Blick auf Marktregulierungen.“
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