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Im Interview: Sebastian Fischer über die veränderten Anforderungen an Büroflächen

Sebastian Fischer, CEO & shareholder bei der PRIMUS Immobilien AG | 24. März 2023

Wie blicken Sie auf den aktuellen Berliner Büromarkt?

Sebastian Fischer: „Der Berliner Büromarkt hat sich in den vergangenen Jahren fantastisch entwickelt. Immer mehr Unternehmen kommen nach Berlin oder erweitern ihre Präsenz in der Hauptstadt und ziehen somit weitere Unternehmen an. Tesla, Amazon und Google sind nur einige Beispiele. Auch wenn die aktuellen Rahmenbedingungen schwieriger geworden sind, Zalando und Co. haben echte Pionierarbeit geleistet und Berlin wird zunehmend Europas Silicon Valley. Insofern eine sehr spannende Marktentwicklung.


Aber: Der Büromarkt befindet sich stark im Wandel, denn die Anforderungen an die Büros von morgen haben sich substanziell verändert. Wir erwarten eine Zweiteilung des Markts in Büros, die diesen Anforderungen entsprechen, und solche, die es nicht tun. Letztere werden sich in Zukunft schwertun, neue Mieter zu finden.“


Was muss man bei Büro-Projektentwicklungen heute mitdenken?

Fischer: „Aus meiner Sicht gibt es neben den klassischen wichtigen Merkmalen eines Bürogebäudes wie anspruchsvoller Architektur, Vielseitigkeit in der Flächenaufteilung oder einem modernen Ausstattungsstandard im Wesentlichen drei Elemente zu bedenken: ESG, Lage und Infrastruktur sowie New Work. Das Thema ESG beschäftigt uns alle aktuell in vielen unserer Lebens- und Arbeitsbereiche. So gibt es mittlerweile auch ein hohes Bewusstsein der Büromieter, das sich in einer verstärkten Nachfrage nach ESG-konformen Büroflächen abzeichnet. Gekennzeichnet sind diese durch Zertifikate unterschiedlicher Institutionen, zum Beispiel der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB).


Schon während des Planungsprozesses sind wir als Entwickler bedacht, diverse Anforderungen an die ökologische, ökonomische und soziokulturelle Qualität des geplanten Gebäudes zu erfüllen. Büromieter nutzen ihre Fläche im Regelfall mindestens eine Dekade und profitieren so dauerhaft von einem geringen Ressourcenverbrauch, beispielsweise durch wassersparende Armaturen und eine starke Ökobilanz, von niedrigeren Betriebskosten und hohem Komfort, zum Beispiel durch eine gute Akustik oder Raumluftqualität. Auch auf viele andere Elemente wie Rückbau- und Recyclingfreundlichkeit und Barrierefreiheit wird geachtet. Aus meiner Sicht sollte ein verantwortungsvoller Büromieter ausschließlich in solch einem Gebäude mieten wollen.“


Was braucht es, um aus Ihrer Sicht New Work möglich zu machen?

Fischer: „Durch zunehmende Quoten von Remote Working verändert sich die Nutzung des Büros. In der klassischen Arbeitsweise sind die Mitarbeiter:innen Montag bis Freitag ins Büro gekommen, um von dort ihre anstehenden Aufgaben zu erledigen. Heute wird konzentrierte Arbeit mehr aus dem Homeoffice erledigt und das Büro wird zur Begegnungs- und Kommunikationsstätte. Die Flächen sind deutlich mehr auf agiles Arbeiten, zum Beispiel interdisziplinär zwischen Abteilungen, und auf Projekte ausgelegt, das heißt, das klassische Zellenbüro hat in vielen Fällen ausgedient – dafür gibt es viele offen gestaltete Grundrissbereiche. Ebenfalls repräsentiert das Arbeitsumfeld deutlich mehr die Identität des Arbeitgebers, denn im Homeoffice wäre jedes Unternehmen ähnlich. Aber in Werten, der Kommunikation und dem Miteinander unterscheiden sich viele Arbeitgeber von anderen. Deshalb legen viele Mieter großen Wert auf eine individuelle Gestaltung der Mietflächen.


Durch einen höheren Anteil von Telefon- und Videokonferenzen ist auch eine entsprechende technische Ausstattung notwendig. Highspeed-Internet ist ohnehin Standard, dazu kommt aufwendige Videokonferenz-Technik in mehreren kleineren und größeren Räumen für unterschiedliche Konstellationen von Online-Meetings. Eine gute Akustik und Rückzugsbereiche zum Telefonieren gehören ebenfalls dazu.“


Wie wichtig ist die Lage des Objekts?

Fischer: „Die Lage einer Immobilie war schon immer wichtig, allerdings ist diese durch die Übernachfrage der letzten Boomjahre etwas in den Hintergrund gerückt. Es konnte viel vermietet und verkauft werden, auch wenn die Lage Schwächen, zum Beispiel bei der Anbindung an den ÖPNV, hatte. Durch den Wandel zu New Work und die mehr zu Hause verbrachte Zeit sind viele Mitarbeiter:innen, insbesondere Familien, mehr ins Grüne oder in den Speckgürtel gezogen, um die Lebensqualität dort zu genießen. Klar, bei nur noch drei Tagen die Woche wird ein längerer Anfahrtsweg ins Büro einfacher toleriert als bei fünf. Insofern ist die Lage nun wieder sehr wichtig geworden, denn es gilt, eine Immobilie zu finden, die alle Nutzer:innen von unterschiedlichen Orten der Stadt schnell und unkompliziert erreichen können.“


Was kann Büroentwicklung von Wohnentwicklung lernen?

Fischer: „Für einige ist das Büro – zeitlich gesehen – ja irgendwie auch ein zweites Zuhause und mit vielen Kolleg:innen verbringt man ähnlich viel oder sogar mehr Zeit als mit der Familie. Insofern gilt es, eine Atmosphäre zu schaffen, die auch im Hinblick auf die Aufenthaltsqualität Maßstäbe setzt. Schluss mit sterilen Materialien und Einheitlichkeit, ein Büro darf durchaus auch wohnlich und individuell sein – so individuell wie die Identität des Nutzers. Denn ein Anwalt hat andere Anforderungen an die Gestaltung seiner Fläche als ein Start-up. Ebenfalls beobachten wir, dass Amenities, die wir im Wohnen schon länger kennen, zum Beispiel ein Fitnessstudio für die Community im Gebäude, nunmehr auch in die Büroentwicklungen Einzug halten. In unserem neuen Büro wird es zum Beispiel eine Kinderbetreuung in unmittelbarer Entfernung für unsere Kolleg:innen geben.“

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