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von Dr. Mathias Hellriegel, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht
15. Dezember 2023 | Der sogenannte "Bau-Turbo-Pakt", der – neben weiteren Maßnahmen auf Länderebene – insbesondere durch die Einführung des § 246e in das Baugesetzbuch eingeführt werden soll, wird ab 2024 die Landschaft für Immobilieneigentümer und Bauherren in Deutschland auf historische Weise verändern. Der „Bau-Turbo-Pakt“ erweitert, ergänzt und präzisiert das Maßnahmenpaket der Bundesregierung für die Bau- und Immobilienbranche aus dem September 2023.
Sollte dieses Gesetz tatsächlich verabschiedet werden, könnte sich die behördliche Genehmigungspraxis in Deutschland enorm wandeln. Praktisch bedeutet das Vorhaben, dass Immobilieneigentümer nun eine Vielzahl von Bauprojekten einfacher realisieren können. Denn statt eines langwierigen Bebauungsplanverfahrens wäre nur noch die Zustimmung der Gemeinde erforderlich. Dies öffnet die Tür für Projekte, die zuvor aufgrund von Restriktionen im Planungsrecht nicht möglich waren. Immobilieneigentümer sollten daher bereits abgelehnte Bauanträge neu prüfen und gegebenenfalls wieder einreichen, denn unter den neuen Bestimmungen könnten diese nun bewilligt werden.
Im Wohnungsbau wird durch den „Bau-Turbo-Pakt“ für Bauanträge im vereinfachten Genehmigungsverfahren eine Genehmigungsfiktion für den Fall eingeführt, dass die Behörde nicht innerhalb von drei Monaten entscheidet. Aufstockungen und Dachgeschossausbauten zu Wohnzwecken, die früher an strengen Auflagen scheiterten oder langwierige Genehmigungsprozesse durchlaufen mussten, sollten nun erneut in Betracht gezogen werden, denn für diese Vorhaben ist eine Genehmigungsfreistellung vorgesehen.
Im Gewerbebereich erlaubt der "Bau-Turbo-Pakt" die Umwandlung von Gewerbeflächen in Wohnraum, was insbesondere in dicht bebauten städtischen Gebieten interessante neue Nutzungsmöglichkeiten schafft. Objekte, die für gewerbliche Zwecke nicht mehr optimal genutzt werden, könnten zu Wohnraum umgewandelt werden und damit eine attraktive Kapitalanlage für Eigentümer darstellen.
Ambitionierte, bisher undenkbare Bauprojekte wären nun einfach so möglich. Um es salopp zu sagen: Theoretisch könnte zukünftig sogar auf dem Berliner Teufelsberg ein Wohnhaus errichtet werden, sofern die Gemeinde zustimmt.
Die vereinfachte Genehmigungspraxis kann zu einer schnelleren Projektumsetzung und einer Reduktion der damit verbundenen Kosten führen. Es ist jedoch ratsam, sich mit den genauen Details der neuen Regelungen vertraut zu machen und die langfristigen strategischen Pläne für das eigene Immobilienportfolio entsprechend anzupassen.
1. Entlastung der Bauämter und Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens:
Die befristete Einführung des § 246e in das Baugesetzbuch ermöglicht Gemeinden, auf einen Bebauungsplan zu verzichten, wenn sie es für angemessen halten. Dies soll die Bauämter vor Ort entlasten und das Genehmigungsverfahren beschleunigen. Durch diese Regelung wird der Wohnungsbau dynamischer und weniger bürokratisch gestaltet.
2. Einführung einer bundesweit einheitlichen Genehmigungsfiktion von drei Monaten:
Um die Effizienz im Wohnungsbau zu steigern, wird eine Genehmigungsfiktion von drei Monaten eingeführt. Das bedeutet, dass eine Bauantragsgenehmigung automatisch als erteilt gilt, sollte die zuständige Behörde nicht innerhalb dieser Frist entscheiden. Diese Regelung zielt darauf ab, langwierige Wartezeiten zu vermeiden und Projekte schneller voranzutreiben.
3. Genehmigungsfreier Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnzwecken:
Die Länder werden angehalten, den Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnzwecken unter bestimmten Bedingungen genehmigungsfrei zu stellen. Dies soll das Potenzial ungenutzter Dachflächen ausschöpfen und einen Beitrag zur Schaffung neuen Wohnraums leisten.
4. Entfallen der Kfz-Stellplatzpflicht bei Umbauten und Aufstockungen:
Die Pflicht zur Schaffung von Kfz-Stellplätzen bei Umbauten und Aufstockungen wird gelockert. Dies trägt dazu bei, die Baukosten zu senken und die Realisierung zusätzlichen Wohnraums in bestehenden Strukturen zu erleichtern.
5. Einführung des Gebäudetyps E:
Der Gebäudetyp E ("E" wie einfach) wird eingeführt, um das Bauen einfacher und schneller zu gestalten. Der Fokus liegt dabei auf der Vereinfachung der Vertragsgestaltung und Baupraxis, unterstützt durch eine "Leitlinie und Prozessempfehlung Gebäudetyp E", die bis Ende des Jahres vorgelegt werden soll.
6. Förderung des seriellen Bauens:
Durch die Förderung industrieller Fertigungsmethoden im seriellen, modularen und systemischen Bauen sollen die Baustellenzeiten verkürzt und die Produktivität gesteigert werden. Typengenehmigungen für solche Bauweisen erhalten eine bundesweite Gültigkeit.
Der neu eingeführte § 246e sowie die dreimonatige Genehmigungsfiktion soll bis 2026 befristet sein. Dies soll es ermöglichen, die Auswirkungen und Effektivität des "Bau-Turbo-Pakts" zu bewerten und bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen. Die weiteren Maßnahmen werden auf Länderebene in die Bauordnungen eingebracht – eine Befristung ist dafür nicht vorgesehen.
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