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30.11.21 | Fünf Wochen nach Beginn der Koalitionsverhandlungen haben SPD, Grüne und Linke den Entwurf für ihre Vorhaben bis 2026 vorgestellt. Was sich die Parteien für die Themen Stadtentwicklung, Bauen und Mieten vornehmen, haben wir für Sie zusammengefasst.
Unbestritten hat Berlin hat einen akuten Wohnungsmangel. Das Resultat zeigt sich in steigenden Mieten und Kaufpreisen und in einer zunehmenden Abwanderung ins Umland. Um zukünftig ausreichend bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen zu können, plant die Koalition, den Wohnungsneubau massiv anzukurbeln. Als Zielgröße will man 20.000 Wohnungen pro Jahr schaffen und sogar 200.000 bis 2030. Realisiert werden soll die Neubauoffensive vor allem durch die Errichtung der 16 bereits geplanten Stadtquartiere und durch das Nutzen von weiteren Wohnungsbaupotenzialen im Bestand – in Form von Nachverdichtung, Aufstockung, Transformation im bebauten Bereich sowie Nutzungsstapelung. Auch soll der Bau zusätzlicher neuer Stadtquartiere geprüft werden.
Allein die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sollen in den nächsten fünf Jahren 35.000 Wohnungen neu errichten. Die dafür benötigten Grundstücke werden vom Land Berlin weiter unentgeltlich übertragen, allerdings muss deren Wert als Mietsubvention eingesetzt werden. Dadurch sollen bis zum Ende der Legislaturperiode mindestens 400.000 Wohnungen in öffentlicher Hand sein.
Seit 2014 gilt in Berlin die Leitlinie des kooperativen Baulandmodells. Dieses soll nun dahingehend weiterentwickelt werden, dass sowohl im niedrigen als auch im mittleren Preissegment Wohnraum geschaffen wird. Die Koalition wird die bisherige Förderung im ersten Förderweg für das untere Preissegment bei 30 Prozent der Wohnfläche fortführen. Für das mittlere Preissegment strebt die Koalition im zweiten Förderweg zusätzlich einen deutlichen Anteil an geförderter Wohnfläche an. Jenseits der Refinanzierung durch öffentliche Förderung wird die Möglichkeit der Refinanzierung durch einen Anteil von Eigentumswohnungen eröffnet.
Im Zuge der Neubauoffensive plant die Berliner Koalition, die Rahmenbedingungen für das Bauen zu vereinfachen. Vor allem Planungs- und Genehmigungsverfahren, aber auch Bauabläufe sollen beschleunigt werden. Gelingen soll dies vor allem durch mehr Personal und verschlankte Verfahren. Dafür ist eine Novellierung der Berliner Bauordnung zügig und unter Einbeziehung der Bezirke geplant.
Die Koalition setzt ihren Weg dahingehend fort, grundsätzlich keine landeseigenen Grundstücke zu veräußern. Vielmehr sollen die Grundstücke im Wege des Erbbaurechts zur Schaffung von sozialem Wohnraum an Genossenschaften vergeben werden. Geplant ist hierfür eine Verlängerung der Laufzeit von Erbbaurechten auf maximal 99 Jahre.
Die künftige Berliner Regierung bekennt sich zum „Urbanen Bauen“. Konkret sollen die Möglichkeiten der neuen Baunutzungsverordnung stärker genutzt werden, die beispielsweise eine Erweiterung von Bau- und Traufhöhen ermöglicht. Hierfür soll im Einzelfall entsprechendes Baurecht geschaffen werden.
Auch die neue alte Koalition hält am Ziel der CO2-Klimaneutralität bis 2045 fest. Zur Erreichung sollen für den privaten Wohnungsbestand künftig weitere Förderprogramme entwickelt werden, die mit dem Förderinstrumentarium des Bundes abgestimmt sind. Die Koalition plant darüber hinaus eine Novellierung der Wohnungsbauförderung für energetisch sinnvolle Maßnahmen.
5.000 Einheiten sollen zukünftig jährlich öffentlich gefördert werden. Hierfür sollen sowohl die Förderhöhen als auch die Förderzahlen erhöht werden. Ziel der Koalition ist es, die Zahl der Sozialwohnungen mindestens stabil zu halten. Darüber hinaus strebt man die Verlängerung von Bindungszeiten für Miet- und Belegungsbindungen im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten an.
Zur Erreichung der wohnungspolitischen Ziele möchten die Koalitionspartner zukünftig mehr auf das Prinzip Kooperation statt Konfrontation setzen. So soll ein Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen gegründet werden, das die städtischen Wohnungsbaugesellschaften, die Vertretungen der Genossenschaften und der privaten Wohnungsunternehmen, die zuständigen Senats- und Bezirksverwaltungen und die Mieterverbände einbezieht, um Mieterschutz und bezahlbaren Wohnungsneubau konsequent und koordiniert voranzutreiben. Ziel ist es, innerhalb des ersten Halbjahres 2022 eine Vereinbarung zwischen dem Land Berlin, den Wohnungsunternehmen und den wohnungswirtschaftlichen Verbänden Berlins zu schließen, um den Wohnungsneubau im Sinne des weiterentwickelten Berliner Modells der Kooperativen Baulandentwicklung und unter Nutzung der durch das Baulandmobilisierungsgesetz geschaffenen Möglichkeiten voranzubringen. Alle Akteure sollen gemeinsam Verantwortung übernehmen und sich gemeinsam auf konkrete Schritte zur Erreichung des Wohnungsbauziels von 20.000 Wohnungen im Jahr verständigen. Die Partner des Wohnungsbaubündnisses sollen in regelmäßigen Abständen zusammenkommen, um die Bündnisvereinbarungen zu überprüfen und gegebenenfalls nachzusteuern.
Die Berliner Koalition möchte auch zukünftig alle bestehenden Instrumente des Mieterschutzes nutzen, schärfen und erweitern.
Die Koalition möchte das Zweckentfremdungsverbot in Bezug auf Abriss von bezahlbarem Wohnraum, gewerbliches Wohnen, Leerstand und Sanktionen verschärfen, die Wohnungsaufsicht stärken und beide Gesetze in einem Wohnraumschutzgesetz vereinen.
Die Koalition möchte prüfen, wie möbliertes Wohnen und Wohnen auf Zeit reguliert werden können.
Die künftige Berliner Regierung plant die Einrichtung eines Mietkatasters, sowohl für Wohnen als auch für Gewerbe. In diesem sollen Informationen zur Eigentümerstruktur von Immobilien erfasst und Leerstände abgebildet werden. Das Kataster soll Transparenz in den Markt bringen, der Steuerhinterziehung entgegenwirken und auch der Erstellung des Mietspiegels dienen. Die Einrichtung eines solchen Katasters soll binnen eines halben Jahres geprüft werden.
Die Koalition will die Bezirke bei der Ausweisung neuer Milieuschutzgebiete mit einheitlichen Kriterien sowie Personal- und Finanzressourcen unterstützen und, falls nötig, neue Gebiete auch auf Landesebene festsetzen.
Nach dem kürzlich gesprochenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, welches die Berliner Vorkaufsrechtspraxis gekippt hat, fordert die Koalition den Bund dazu auf, eine klare und rechtssichere Regelung umzusetzen, damit Berlin seine derzeit eingegrenzte Strategie des Ankaufs von Wohnraum durch Ausübung des Vorkaufsrechts (auch preislimitiert) fortsetzen kann.
Die Koalition möchte neben den landeseigenen Wohnungsunternehmen auch Genossenschaften beim Ankauf und als Begünstigte von Vorkaufsrechten unterstützen. Vorkaufsrechtsausübungen sollen weiterhin bezuschusst werden. Die Koalition unterstützt auch die gegründete genossenschaftliche Ankaufsagentur.
Die Koalition möchte auch auf Bundesebene Instrumente für mehr Mieterschutz und gegen Immobilienspekulation vorantreiben. Konkret spricht sie sich für ein Mietenmoratorium für angespannte Wohnungsmärkte, für eine reformierte, sozial ausgewogene Modernisierungsumlage, für ein Schließen der Lücken der Mietpreisbremse, für eine Verbesserung der Anwendbarkeit des Wucherparagrafen, für einen Umwandlungsvorbehalt über das Jahr 2025 hinaus, für Schutz vor Eigenbedarfskündigungen, für die Berücksichtigung sozialer/öffentlich gewünschter Nutzungen bei der Berechnung von Bodenwerten und für ein Immobilienregister sowie eine begrenzte Umlagefähigkeit von Betriebskosten aus.
Die Koalition möchte das Geschützte Marktsegment gemeinsam mit landesweiten Wohnungsunternehmen und privaten Akteuren auf 2.500 Wohnungen ausweiten. Über ein Landesprogramm bei der Investitionsbank Berlin (IBB) sollen gemeinnützigen Trägern ab 2024 Darlehen und landeseigene Grundstücke in Erbbaurecht zur Verfügung gestellt werden, wenn diese Wohnungen bauen oder Unterkünfte in Wohnungen für Wohnungslose umbauen. Darüber hinaus möchte die Koalition für alle in Berlin lebenden leistungsberechtigten Wohnungslosen mit geringem Einkommen (unabhängig von der Dauer des Aufenthaltsstatus) einen Wohnberechtigungsschein (WBS). Dabei erhalten Menschen, die in Notunterkünften, Frauenhäusern oder Einrichtungen der Kältehilfe untergebracht sind, einen WBS mit höchster Dringlichkeitsstufe.
Die Koalition setzt eine Expertenkommission zur Prüfung der Möglichkeiten, Wege und Voraussetzungen der Umsetzung des Volksentscheids ein, bei dem die Mehrheit der Berliner Wahlberechtigten für eine Vergesellschaftung privater Wohnungskonzerne gestimmt hatte. Die Kommission wird innerhalb eines Jahres eine Empfehlung für das weitere Vorgehen für den Senat erarbeiten, der dann die möglichen verfassungskonformen Wege einer Vergesellschaftung unter wohnungswirtschaftlichen, gesellschaftsrechtlichen und finanzpolitischen Gesichtspunkten gewichten und bewerten wird. Auf Basis der Empfehlung der Expertenkommission werden die zuständigen Senatsverwaltungen im Jahr 2023 gegebenenfalls Eckpunkte für ein Vergesellschaftungsgesetz vorlegen. Danach wird der Senat eine abschließende Entscheidung darüber treffen.
Der Koalitionsvertrag wurde am 29.11.2021 vorgestellt. Diesem muss nun noch auf den Parteitagen von SPD und Grünen sowie im Rahmen eines Mitgliederentscheids der Linken, der bis 17. Dezember abgeschlossen sein soll, zugestimmt werden.
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